Erster Mai


Mainelke


Der erste Mai ist ein Feiertag - in Deutschland ist es der Tag der Arbeit, in der DDR war es der "Internationale Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus" (oder der "Internationale Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse"), in einigen Ländern ist es der Labor Day. Für die meisten Menschen hierzulande ist es einfach nur ein arbeitsfreier Tag.


Tag der Arbeit - das klingt fast pathetisch ... oder erniedrigend, weil es impliziert, dass die Arbeit wichtig genug ist, um ihr einen Feiertag zu widmen. Das klingt vor Allem dann recht komisch, wenn man sich mal die gängigen Begriffe anschaut:

Arbeitgeber - das ist die Person, die so großzügig ist und anderen Menschen etwas gibt, nämlich Arbeit

Arbeitnehmer - das sind die Leute, die sich einfach etwas nehmen, nämlich die Arbeit, die ihnen so großzügig gegeben wird

Hier sieht man schon, wie verdreht die Nomenklatur ist, denn eigentlich sind es die Werktätigen, die dem Unternehmer ihre Arbeitskraft (also die Arbeit) geben und dafür viel zu wenig erhalten.

In der momentanen Corona-Pandemie (ja, man kommt auch bei dem Thema nicht darum herum) wird es besonders deutlich: viele Berufe (bzw. die Personen, die diese ausüben) zeigen sich als tatsächlich systemrelevant, aber sie werden weiterhin schlecht bezahlt, während Andere, die man als systemrelevant bezeichnet, obwohl sie es ja eigentlich gar nicht sind, weitaus besser entlohnt werden. Es gibt Unternehmen, die Kurzarbeitergeld vom Staat kassieren und doch Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen - hier wird erneut deutlich, wie im Kapitalismus die "soziale Marktwirtschaft" definiert wird, nämlich "Gewinne privatisieren - Verluste sozialisieren". Genau genommen kann eine Marktwirtschaft nicht sozial sein, aber das Märchen von der "sozialen Marktwirtschaft" lässt sich noch immer gut verkaufen.

Ja, wir haben eine Art "soziales Netz" - es gibt die Sozialversicherungen, aber die Kosten hierfür werden mehr und mehr den Lohn- und Gehaltsempfängern zugeschoben. Außerdem sind die Hartz-VI-Regelungen alles Andere als sozial. Andererseits werden die Menschen mit hohen Einkommen verschont, sei es durch die Beitragsbemessungsgrenze oder andere Möglichkeiten. Dies pervertiert den propagierten Grundgedanken hinter der Sozialversicherung, nämlich die gerechte Verteilung der Lasten bei der Finanzierung selbiger.

Ein bekanntes Werk von Karl Marx und Friedrich Engels, das Manifest der Kommunistischen Partei, endet mit dem bekannten Aufruf: "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!". Vielleicht sollten man sich auch ohne Bezug zum Kommunismus mal wieder darauf besinnen, denn die "Proletarier", also die Arbeiter bzw. Werktätigen, haben tatsächlich die Möglichkeit, Änderungen zu bewirken, nicht nur im Rahmen der demokratischen Mittel, denn unsere Demokratie ist ohnehin nicht das Papier wert, auf dem ihre Grundsätze festgehalten wurden - aber das ist schon wieder eine andere Geschichte ...


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